Heinrich Heine - Dichter und politischer Feuilletonist

Zwischen den Welten

Julirevolution - Seite 4

Die revolutionäre Euphorie Heines wird schnell gebremst. Er erkennt, dass der Sieg der „Juste-Milieu-Bourgoisie” die sozialen Missstände und Lebensfragen der arbeitenden Bevölkerung nicht gelöst, sondern noch vertieft hat.

„Schon in den ersten Tagen meiner Ankunft in der Hauptstadt merkte ich, daß die Dinge in der Wirklichkeit ganz andere Farben trugen, als ihnen die Lichteffekte meiner Begeisterung in der Ferne geliehen hatten.”[Q84]

 

Er bemerkt, dass es einfach nur eine Verschiebung der Regierung gab und dass hinter der Fassade der neuen parlamentarischen Institution ebenfalls nur eine Gewaltherrschaft über das Volk steckt. Heine prophezeit den Ausbruch einer neuen Revolution und diesmal wird sich nicht das Bürgertum, sondern die Arbeiterschaft erheben.

„Der Zustand der niedern Volkes von Paris ist indessen, wie man sagt, so trostlos, dass bei dem geringsten Anlasse, der von außen gegeben würde, eine mehr als bedrohliche Emeute stattfinden kann.”[Q85]

Durch die Erfahrungen der Julirevolution ist Heines Denken im Wandel. Er kommt zu der Einsicht, dass die Not leidenden Proletarier nicht durch bloße politische Reformen zufrieden gestellt werden können, denn Gesetzesbücher sättigen die Hungrigen nicht. Er legt nun größten Wert darauf, dass bei künftigen Revolutionen, nicht die liberalen politischen Einrichtungen, sondern die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse des Volkes im Vordergrund stehen sollen. Seine Gegner sind nun nicht mehr nur der Adel und der Klerus, sondern all diejenigen, die auf Kosten des Volkes leben. Das höchste Ziel des Entwicklungsprozesses ist für Heine die Aufhebung der Klassengegensätze und die Verbrüderung der Menschheit.

„Wir haben die Lande gemessen, die Naturkräfte gewogen, die Mittel der Industrie berechnet, und siehe, wir haben ausgefunden: daß diese Erde groß genug ist; daß sie jedem hinlänglich Raum bietet, die Hütte seinen Glücks darauf zu bauen; daß die Erde uns alle anständig ernähren kann, wenn wir alle arbeiten und nicht einer auf Kosten des anderen leben will; und daß wir nicht nötig haben, die größere und ärmere Klasse an den Himmel zu verweisen.”[Q86]