Heinrich Heine - Dichter und politischer Feuilletonist

Zwischen den Welten

Napoleon und der Code Civil - 2

Heinrich Heine beschäftigt sich zeitlebens immer wieder mit Napoleon Bonaparte und dies ist keine Selbstverständlichkeit für jemanden, der sich zu den Idealen der Französischen Revolution bekennt. Denn einerseits ist Napoleon der Verräter der Französischen Revolution, da er sein Land als Kaiser regiert und sowohl sein Volk als auch ganz Europa zu unvorstellbaren Opfern zwingt. Andererseits ist es auch Napoleon, der zu Beginn seiner Herrschaft die Ideale der Revolution in das europäische Ausland exportiert und den Code Civil - die Bürgerrechte - einführt. Heine vergisst niemals, dass die Juden in Deutschland den siegreichen Heeren der Revolution und Napoleons die Befreiung aus der Enge des Ghettos in seiner Jugend verdanken. So sind wohl Heines erste Bezugspunkte mit Napoleon so positiv geprägt, dass er für Heine niemals als der Fremdherrscher und Ausplünderer Deutschlands gilt - wie ihn nationalistische und romantische Zeitgenossen bezeichnen - , sondern der Vollstrecker des Vermächtnisses der Französischen Revolution, der die Menschenrechte in Europa verbreitet.

„Napoleon: er war nicht von jenem Holz, woraus man die Könige macht - Er war von jenem Marmor, woraus man die Götter macht.”[Q65]

 

Mit 14 Jahren erblickt der junge Heine Napoleon zum ersten Mal und er beschreibt die Begegnung mit folgenden Worten:

„Es war ein Auge klar wie der Himmel, es konnte lesen im Herzen der Menschen, es sah rasch auf einmal alle Dinge dieser Welt, während wir anderen sie nur nacheinander und nur ihre gefärbten Schatten sehen. Die Stirne war nicht so klar, es nisteten darauf Geister zukünftiger Schlachten, und es zuckte bisweilen über dieser Stirn, und das waren die schaffenden Gedanken, die großen Siebenmeilenstiefel - Gedanken, womit der Kaiser unsichtbar über die Welt schritt.”[Q66]